Weingutsdirektorin Ulrike Platter
Meet & Greet
Ulrike Platter, Weingutsdirektorin. Im Job Kapitänin in Castel Sallegg, steuert Uli in ihrer Freizeit liebend gern mit der Familie ihr Segelboot. Anstrengende Manöver und schöne Erfolge feiert sie am liebsten mit einem Glas vom Pinot Noir Karal.
Tatsächlich sind Frauen in leitenden Positionen hierzulande noch immer etwas rar gesät, zumal in einem Wirtschaftszweig wie der Weinwelt; in Sachen Männerdominanz kann diese Branche es immerhin mit jener der Bergführer oder der Bauarbeiter aufnehmen.
Wer also ist die Frau, die sich in diese Männerdomäne wagt, zumal in leitender Position?
Ulrike Platter präsentiert sich gut gelaunt an einem sonnigen Vormittag der vorvergangenen Woche inmitten eines prächtigen Ambientes. In dem von Oleandern umgebenen, lauschigen Weinschankgarten im Innenhof des Castell Salegg in Kaltern erzählt sie von ihrer Leidenschaft zum Wein. In eine Kalterer Bauernschaft hineingeboren, der Onkel zudem Winzer, habe sie die Welt des Weins seit jeher umgeben: die Spaziergänge in den Weingärten, die Weinverkostungen, denen sie interessiert zuschaute, die Nuancenvielfalt der Weine, die sie sich anfänglich nur riechend erschloss und die nicht minder vielfältigen Weinbeschreibungen – das alles habe sie schon als Kind beeindruckt.
Heute ist die Frau diplomierte Sommelière, die selbstredend sämtliche Ausbildungsstufen zur Weinexpertin absolviert hat und die sich auch „Assaggiatore di vino I. livello“ der nationalen Weinverkoster (Onav) nennen darf. Es scheint darum nicht zu verwundern, dass sie noch vor der Unterschreibung des Arbeitsvertrages, der sie zuerst zur neuen Verkaufsleiterin von Castell Salegg machte und seit 2022 zur Weingutsdirektorin, zuerst die Weine der Privatkellerei verkosten musste, zur Orientierung gewissermaßen. So jedenfalls erfährt man es von Dritten.
„Innovativ und mutig, eine qualifizierte, selbstbewusste Frau, die perfekt zum Weingut und zur Geschichte, die es zu erzählen gilt, passt“ heißt es über die Weingutsdirektorin.
Es sind Erfahrungen, die Platter nunmehr gut gebrauchen kann, findet sie sich doch in einer Kellerei wider, die zwar 170 Jahre alt ist, deren Namen aber hierzulande nicht so geläufig ist; die Absatzmärkte lagen bislang außerhalb der Region. Als Nothelferin, wie auf dem Fresko über dem großen Einfahrtstor von Sallegg dargestellt, muss sich Platter nicht verstehen. 1950 hatte der Künstler Peter Fellin ebendort die sogenannten 3 Heiligen Madeln verewigt: „Die Gretel mit’n Wurm (mit Krone und Attribut Palme dargestellt), die Bärbel mit’n Turm (Castel Sallegg), die Kathi mit’n Radl, das sein die 3 heiligen Madl“. Ein alter Volksglaube rechnet die Dreiergruppe der verehrungswürdiger Frauen Barbara, Margareta und Katharina den Heiligen Nothelfern zu; das Fresko hatte die Grafenfamilie damals als Dank anbringen lassen, dass das Castel vor den Flugzeugbomben des II. Weltkriegs verschont geblieben war.
„Nothelferin wäre die falsche Bezeichnung“, sagt Platter. Für sie geht es eher darum ein „schlafenden Riesen“ für den heimischen Markt wachzuküssen, dem Weingut attestiert sie großes Potential.
Im Gartenbereich der schlosseigenen Vinothek kredenzt Ulrike Platter ihren Gästen einen Pinot Noir, einen Blauburgunder – ihren Lieblingswein. „Seine Eleganz überzeugt mich immer wieder aufs Neue. Mit seinen Beeren-, Kirsch- sowie feinen Gewürznoten und den weichen Gerbstoffen, dem frischen Abgang und gutem Nachhall passt er von der leichten Vorspeise bis hin zum kräftigen Hauptgericht“ schwärmt Platter, einen kurzen Einblick in die Lyrik der Sommelière-Sprache gebend.
Dass Wein sich besser verkaufen lässt, wenn dahinter Geschichten stehen, weiß die Fachfrau schon lange. Und an Geschichten mangelt es dem Traditionsgeschlecht der Kuenburgs nicht; sowohl väterlicher- als auch mütterlicherseits führt der Stammbaum direkt ins Hause Habsburg. Gut möglich, dass ein Vorfahre wie Max Gandolf von Kuenburg, Hexenjäger und Erzbischof von Salzburg, die selbstbewusste Frau mit dem wallendem rötlichen Haar, die sich auch noch für Wein begeistert, vor rund 350 Jahren noch verdächtig vorgekommen wäre. Familiengeschichtlich viel interessanter als der Hexenjäger ist in Sachen Weinerzählung freilich eine andere Geschichte: die des familiäre Kulturguts: dem Rosenmuskateller. Enrico Lucchesi Palli, Fürst von Campofranco und Gemahl der Urgroßmutter von Graf Georg war es, der einige Pflanzen des Moscato Rosa um 1892 von seinem sizilianischen Besitz in den wärmsten Lagen am Kalterer See anpflanzen ließ, und so diesen Süßwein nach Südtirol brachte.
Ulrike PLatter führt ein Unternehmen, das sich mit seinen drei Weinhöfen gerade rundum erneuert. „Wir alle brennen für dieselbe Leidenschaft und ein Ziel“, sagt sie. Gerne erzählt sie von ihren Plänen bei der Arbeit, zum Beispiel der neuen Weine.
Man muss Platter schon unterbrechen, um mehr über ihre Person in Erfahrung zu bringen. Dann erfährt man etwa, dass sie mit ihrem Gatten, auch noch für eine andere Sache brennt: das Segeln. Mit ihrer Familie auf dem Schiff zu sein, so verrät sie, sei pure Meditation. Natürlich hat Platter auch selbst den Segelschein in der Tasche. Es müssen ja nicht immer nur Männer das Ruder in der Hand halten.